Mittwoch, 12. September 2012

Die Buschtrommel

Wir haben ein paar schöne Tage in der Großstadt verbracht, die örtlichen Seglerbedarfsläden nach Teilen durchforscht und ein paar kleine Instandhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an Alita erledigt. Am Sonntag ist Sven angekommen, der mit uns die nächsten zehn Tagen die Baia De Todos Os Santos und die südlicheren Flußläufe erkunden wird. Gestern abend waren wir in Itaparica, einem beschaulichen und malerischen Dorf auf einer Insel südlich von Salvador. Wir werden die nächsten Tage die Seele baumeln lassen und wenig posten. Wie immer findet ihr dann nach und nach die Bilder in der Photogalerie.

Bevor wir aber innerlich schon weiter ziehen, muss ich Euch noch von der Begegnung mit Marcelo berichten. Er ist ein Angestellter des Segelmachers in Salvador, der mir Stahldrahtverlängerungen für die Hälse meiner Vorsegel gebastelt hat. Er spricht sehr gut englisch und so sind wir ins Quatschen gekommen. Im Verlauf des Gespräches hat er mir mal wieder vor Augen geführt hat, wie sehr man sich vor den Nachrichten der Buschtrommel hüten muss, mit der die Segelcruiser Nachrichten untereinander verbreiten - also Insidertipps unter Seglern, díe z.B. im Gespräch am Ankerplatz oder per Funk ausgetauscht werden und sich nach und nach als Allgemeinwissen in der Seglergemeinschaft etablieren.

Eigentlich ist das gut, dass Segler hilfsbereit untereinander Informationen austauschen. Aber es birgt auch Gefahren mit sich. Zum Beispiel wurden wir einmal in der Südsee davor gewarnt nach Aitutaki zu fahren, weil dort die Behörden angeblich das gesamte eingefrorene und eingekochte Fleisch von einlaufenden Yachten konfiszieren und vernichten. Wenn man die Fleischpreise in der Südsee kennt, dann ist das durchaus ein Grund diese Insel weiträumig zu umfahren. Aber dummerweise war das Gerücht nicht wahr oder veraltet, denn wir kamen gerade von genau dort und durften all unser Fleisch behalten. Aber die Buschtrommel hat immer recht und deshalb konnte ich den netten Seglerkollegen trotz unseres direkten Erfahrungsberichtes nicht vom Gegenteil überzeugen. Die englische Funkrunde, von der er seine Information hatte, war in seinen Augen unfehlbar.

Aber nun zurück zu Marcelo: Er erzählte mir, wie das mit den Überfällen in Salvador wirklich so war. Die Südafrikaner wurden laut seines Berichtes nämlich nicht in der Marina überfallen, sondern sie lagen vor Anker zwischen den beiden Marinas in Salvador. Außerdem war der Überfall in dieser Nacht der einzige Überfall auf eine Segelyacht seit vielen Jahren und die Räuber wurden drei Wochen später gefasst.

Ganz ähnlich verhällt es sich wohl mit Gerüchten, die wir von den französichen Seglern in Jacare gehört haben, dass der Ankerplatz vor Itaparica nicht sicher sei. Dieses Buschtrommelgerücht gründet sich, laut Marcelo, auf einen Überfall auf eine französische Yacht vor fünf Jahren. Auch diese Räuber wurden von den Behörden kurz nach dem Überfall geschnappt und hinter Gitter gebracht.

Also basiert die Buschtrommelnachrichten "Vor Salvador und vor Itaparica werden Segler überfallen" auf lediglich zwei Überfälle in den letzten fünf Jahren. Für uns (und jeden anderen) klingt die Nachricht aber so, als sei es an der Tagesordnung, dass man dort überfallen wird.

Was soll man machen? Hört man zu sehr auf die Buschtrommel, dann ist es durchaus möglich, dass man aus übertriebener Angst an den schönsten Plätzen der Strecke vorbeifährt. Hört man nicht auf die Buschtrommel, dann kann es sein, dass man eine Gefahr unterschätzt, auf die man sich hätte besser vorbereiten können. Letztlich ist es wohl wie bei den Nachrichten aus der (Bild)Zeitung auch - ein gewisses Maß an Skepsis ist mehr als angebracht.

Also: Ich möchte hiermit ganz förmlich Entwarnung geben, bevor ich selbst zur Quelle einer irreführenden Nachricht werde, die per Buschtrommel durch die ganze Welt trommelt. Es wurde bisher kein Segler innerhalb der Marinas in Salvador überfallen! Ein Aufenthalt in Salvador ist genauso sicher oder unsicher, wie in jeder anderen Metropole Amerikas - Ende der korrigierten Buschtrommelnachricht!

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